Annotationen
22. Dezember
F. xi. Kl. Januarij.
Zů Rome wurdin drizig mertirere gemartiret von Dyocleciano.
Tzů Alexandria sancti Cirionis . Der wart gemartiret. Do he einis
gewaldigin mannis gut warte, do wart he von im getwungin, daz he den
abgotin opfirin scholde. Und do he is nicht tů wolde, do legite he im
manige pine an. Dar na besuchte he in mit listin. Und do he in nicht
ůbirwindin mochte, do liez he im mit scharfin alin durch die adirin
stechin. Also quam he zů gote.
Und ouch vil mertirere , die in deme walde und in den bergin von durste
und von hungire sturbin. Und also quamin sie zů gote.
Bildbeschreibung
Der Tageseintrag wird mit einer einzigen Miniatur abgeschlossen. Sie
gilt dem Martyrium der dreißig in Rom zur Zeit Diokletians. Die
Märtyrer (es sind genau dreißig) sind allesamt entblößt, bartlos und
tragen jugendliche Gesichtszüge. Zu sehen sind nur die Gesichter der
Märtyrer aus der vorderen Reihe, alle anderen – in der zweiten und der
dritten Reihe – sind nur durch die angedeuteten Stirne und Haare
erkennbar. Die Heiligenscheine sind nur an den äußersten Seiten der
Gruppe angedeutet: einer erscheint links, zwei weitere rechts. Der
Grund dafür ist ersichtlich: wären alle Märtyrer aus der ersten Reihe
mit Nimben versehen worden, so würden jene die Personen in den hinteren
Reihen einfach verdecken. Alle drei Reihen mit Nimben übereinander
darzustellen, hätte zu viel Platz in Anspruch genommen, was den für die
Bilder vorgesehenen Rahmen (in der Regel fünf Schriftzeilen) gesprengt
hätte.
Der Heiligengruppe sind drei Erdschollen vorgelagert, die die
Massenermordung in eine nicht weiter definierte Landschaft versetzen.
Am linken und rechten Bildrand sind, z.T. nur andeutungsweise, zwei
Schergen dargestellt, die auf die Märtyrer mit Keulen einschlagen. Alle
Gesichter sind sehr flüchtig gezeichnet. Der Anspruch, bestimmte
Figuren durch eine differenziertere Physiognomie herauszuheben, bestand
offensichtlich nicht.
23. Dezember
G. x. Kl. Januarij.
Zů Rome sancte Victorie , die was magit. Do sie was gebrůtit Eugenio,
eime heidin, do wart sie gebetin von Aureliano, daz sie wolde ratin
Anatholie, daz sie in neme zů einim brůtegume. Also bekarte Anatholia
Victoriam und vorkos beide diese ierdische wůnne durch got und quamin
zů der martire. Und Victoria wart na manigin pinen enthoubit.
Zů Rome sancti Servuli , von deme sente Gregorius schribit, daz he arm
were an deme gůte und riche an den tůgindin und geduldig an langir
sůche. An der quam he zů gote.
Zů Nycomedia wurdin vil gemartiret.
Zů Rome sanctorum Eugenij , Eleutherij , Urbani , Cornelij , Traiani ,
Castule und andir acht hundirt und drizich .
Bildbeschreibung
1. Das erste Bild zeigt ein Massenmartyrium: mehrere entblößte Männer,
angeordnet in drei Reihen hinter einer braunen Erdscholle, werden von
einem am linken Bildrand befindlichen Schergen mit Schwert enthauptet.
Das Bild kann sich sowohl auf das im Text angesprochene Martyrium der
„Vielen“ in Nikomedien als auch auf das der namentlich benannten
Heiligen in Rom beziehen.
2. Es läßt sich nicht entscheiden, welcher konkrete Heilige im zweiten
Bild enthauptet wird. Die flüchtigen Federstriche im Bereich der Haare
deuten – wie gewöhnlich bei diesem Maler (vgl. Bilder zum 24. Dezember,
f. 106r) – eine Tonsur an, welche den Heiligen als einen Geistlichen
kennzeichnet. Der heilige Servulus kann somit hier ausgeschlossen
werden, da dieser laut Überlieferung von Kind an lahme Heilige kein
Geistlicher war.